Solidarische Landwirtschaft
Kurz erklärt
Das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi) sieht vor, dass eine Gruppe von Kund*innen den laufenden Betrieb Ihres Hofes finanziert und im Gegenzug einen Anteil der Ernte oder Produktion erhält. Die Mitglieder verpflichten sich (vertraglich) für ein Geschäfts- bzw. Anbaujahr, Ihrem Betrieb einen im Voraus festgelegten Mitgliedsbeitrag zu zahlen. Die Zahlung kann monatlich, viertel-, halbjährlich oder jährlich erfolgen. Im Idealfall werden die Gesamtkosten Ihres Betriebs durch die Summe der Mitgliedsbeiträge gedeckt.
Rechtliche Hinweise
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Ihren Betrieb als Solidarische Landwirtschaft zu organisieren. Insgesamt kann man drei Typen unterscheiden: zweiseitige Verträge (Typ 1), Kooperationsformen (Typ 2) oder Mitunternehmerschaften (Typ 3).
Zweiseitige Verträge (Typ 1): Es wird je nach Ausgestaltung ein Anbau- oder ein Ratenkaufvertrag (§ 433 BGB) abgeschlossen. Beim Anbauvertrag tragen die Verbraucher*innen das Ernterisiko.
Kooperationsformen (Typ 2): Hier steht Ihr Betrieb einer Verbrauchergemeinschaft gegenüber. Diese Gemeinschaft kann z. B. als eingetragene Genossenschaft (eG) oder eingetragener Verein (e. V.) organisiert sein. Zwischen dem Betrieb und der Verbrauchergemeinschaft wird ein Anbauvertrag oft unter Mitarbeit der Verbraucher*innen geschlossen. Hierbei trägt die Verbrauchergemeinschaft das Ernterisiko.
Mitunternehmerschaft (Typ 3): Hier sind die Mitglieder der SoLaWi gleichzeitig auch Mitglieder oder Gesellschafter*innen Ihres landwirtschaftlichen Betriebs. Dies kann entweder so gestaltet werden, dass die SoLaWi-Mitglieder Mitunternehmer*innen im Rahmen einer stillen Gesellschaft sind. Eine andere Möglichkeit ist, dass SoLaWi-Mitglieder Genoss*innen sind oder dass die Verbrauchergemeinschaft als Gesellschaft organisiert ist, die selbst Trägerin Ihres landwirtschaftlichen Betriebs ist (dies erfolgt häufig über eine haftungsbeschränkte Rechtsform). Hierbei trägt die Solidarische Landwirtschaft das unternehmerische Risiko.
Häufig genutzt für:
Häufige Beweggründe | Ein häufiger wichtiger Beweggrund für landwirtschaftliche Betriebe, sich für dieses Modell zu entscheiden, ist der Wunsch nach einem Beitrag zur Nachhaltigkeit. Dazu gehören beispielsweise der Erhalt von Böden und Kulturlandschaft sowie die regionale Versorgung mit ökologischen Lebensmitteln auf kurzen Transportwegen. |
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Phase der Unternehmensentwicklung | Das Modell der Solidarischen Landwirtschaft wird häufig von landwirtschaftlichen Betrieben in der Gründungsphase gewählt. Eine spätere Umstellung ist jedoch auch möglich. |
Sektor | Das Modell ist speziell auf die landwirtschaftliche Produktion zugeschnitten und wird in der Regel für die laufenden Kosten ökologisch wirtschaftender landwirtschaftlicher Betriebe genutzt. Das Grundprinzip des Modells ist jedoch auch auf andere Bereiche der Lebensmittelwirtschaft anwendbar; Beispiele gibt es im Verarbeitungsbereich (z. B. Bäckereien, Brauereien). |
Gegenleistung | Die Mitglieder erhalten einen Ernte- oder Produktionsanteil entsprechend ihrem finanziellen Beitrag. |
Kosten und Aufwand
Den Aufwand für den Austausch mit den Mitgliedern sollten Sie nicht unterschätzen. Die Freude am persönlichen Kontakt mit Kund*innen ist eine wichtige Voraussetzung für die Nutzung des Modells. Je nachdem wie die Verteilung der Ernteanteile an die Mitglieder organisiert ist, ist damit ein mehr oder weniger hoher Logistik- bzw. Koordinationsaufwand verbunden. Der Aufwand ist auch davon abhängig, welche Möglichkeit der rechtlichen Ausgestaltung Sie für das Modell nutzen.
Vor- und Nachteile
- Bessere Planbarkeit und finanzielle Stabilität für den landwirtschaftlichen Betrieb
- Gemeinsame Übernahme von Risiko und Verantwortung durch gemeinschaftlich getragene Produktionskosten des laufenden Geschäftsjahrs
- Hoher Kommunikationsaufwand nötig
- Logistik-/Koordinationsaufwand für Verteilung der Ernteanteile
Erfolgsfaktoren
- Intensive Kommunikationsarbeit: Umfangreiche Vermittlung der Ideen und Ziele des Modells an die Mitglieder, Dialog zu Produktauswahl, Qualität, Lieferzeiten und -orten
Beispiel
Das Video zeigt am Beispiel des familiengeführten Biohofes Dollinger bei Nürnberg, wie Solidarische Landwirtschaft unter Einbindung von 230 Mitgliedern, die Ernteanteile bekommen, funktioniert.
Weitere Informationen und Beratung
- Im Auftrag der Bayerischen Verwaltung für Ländliche Entwicklung werden Informationen zu verschiedenen Arten von Bürgerfinanzierung zusammengetragen. Auf ihrer Website finden sich auch weitergehende Informationen zur Solidarischen Landwirtschaft.
- Die Website des Netzwerks Solidarische Landwirtschaft bietet Informationen zu Aufbau und Organisation einer SoLaWi, eine Übersicht bestehender und in Gründung befindlicher SoLaWis sowie eine Liste von internen und externen Beratungsangeboten.
- Die vom Netzwerk Solidarische Landwirtschaft herausgegebene Publikation Solidarische Landwirtschaft - Betriebsgründung, Rechtsformen und Organisationsstrukturen vermittelt rechtliche und organisatorische Grundlagen, die für die Gründung und die Betriebsführung wichtig sind, illustriert anhand von Praxisbeispielen.
- Auf Initiative der Kartoffelkombinat eG wird ein Praxisleitfaden zu Genossenschaften als Organisationsform der Solidarischen Landwirtschaft erarbeitet. Informationen dazu finden Sie auf der Website www.solawi-genossenschaften.net.
- Die Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume (DVS) widmet der Solidarischen Landwirtschaft in der LandInForm-Spezialausgabe zu gemeinschaftlich getragener Landwirtschaft ein eigenes Kapitel und stellt das Konzept u. a. anhand von Praxisbeispielen vor.